@maRC
maRC hat geschrieben:
Was genau meinst du mit "Logik anwenden"?
Damit meine ich die Fähigkeit, einen Irrtum erkennen zu können. Viele Menschen tragen Überzeugungen in ihrem Kopf spazieren, die tatsächlich ein Irrtum sind. Auch ich bin davon keinesfalls befreit. Doch ich unterziehe alle meiner Überzeugungen ständig einer Überprüfung.
Das Forummitglied xMANIACx hat beispielsweise zuvor eine Aussage des Psychoanalytikers Erich Fromm gepostet, in der sich ein solcher Irrtum befindet.
xMANIACx hat geschrieben:
Ich habe vor einiger Zeit viel Fromm gelesen. Erich Fromm, ein Psychoanalytiker, hat viel gutes geschrieben. Beispielsweise die Bücher "Haben oder Sein" und "Die Kunst, zu lieben", welche ich gerne weiterempfehle.
Hier nun kurz von ihm
etwas zum Thema Lebenseinstellung:
Das höchste Ziel im Seinsmodus ist TIEFERES WISSEN, im Habenmodus MEHR WISSEN.
Diese Aussage über das ”höchste Ziel“ ist ein Irrtum, weil Wissen deswegen niemals das höchste Ziel ist, da man nicht wissen kann, was genau hierbei das höchst Erreichbare ist. Denn Wissen ist lediglich eine andere Bezeichnung für entweder das Ergebnis sinnlichen Wahrnehmungen oder kognitiver Denkprozesse wie das Benutzen von Erinnerungen und das Erschaffen von Vorstellungen. Nur das führt zu Wissen. Und diese Ergebnisse besitzen keine Attribute wie tiefer, flach oder höher. Das heißt: Jede Sinneswahrnehmung, jeder Denkprozess, und damit jedes Gewusste, ist genauso gut wie jede andere Sinneswahrnehmung und wie jeder andere Denkprozess auch. Die zitierte Aussage des Herrn Fromm allein ist schon deswegen ein Irrtum, weil sie das Ziel überhaupt nicht nennt.
Das Charakteristische von jedem gesetzten Ziel und seiner Beschreibung ist:
Erreichbarkeit
Jede Zielfestsetzung muss erreichbar sein. Denn gesetzte Ziele, die nicht erreichbar sind, sind kein Ziele und führen nur zu Enttäuschungen und nicht selten zu Depressionen. Nicht erreichbare Ziele mangels genauer Beschreibung sind allenfalls vage Formulierungen wie man vorgehen will. Doch eine Vorgehensweise ist nun mal etwas anderes als das zu erreichende Ziel selbst.
Zudem gilt: Sobald das Ziel erreicht ist, gibt es das Ziel nicht mehr. Wenn man daher, wie dieser Herr Fromm, das zu erlangende "tiefere" Wissen als Ziel definiert, dann bedeutet es, dass man Wissen von vornherein als etwas Endliches versteht, das erreicht werden will. Ich weiß nicht, wie der Hern Fromm auf die absurde Idee kommt, dass Wissen etwas Endliches im Sinne eines zu erreichenden Ziels ist.
Tieferes Wissen ist daher keinesfalls tiefer im Sinne von wertvoller, sondern allenfalls im Sinne von mehr. Mehr ist jedoch nicht zwangsläufig besser. Oft genug ist es nur mehr.
Verifizierung
Jede Zielbeschreibung muss einen oder mehrere Wege der Erreichbarkeit aufweisen und vor allem Prüfkriterien anbieten, damit man stets verifizieren kann, sich auch tatsächlich auf das Ziel hin zu bewegen und zu verhindern, dass man sich von ihm entfernt.
Fazit:
Die zitierte Aussage ist daher entlarvt als der Irrtum eines weiteren Psychoanalytikers, der seine Leser mit seinem intellektuellen Wortschatz zu beeindrucken versucht, aber von der Entstehung und der Charakteristika von Zielen im Zusammenhang mit Wissen offensichtlich noch nie etwas gehört hat.
Eine genauere Überprüfung auf vorhandene Irrtümer seiner weiteren Aussage "Die Vitalität selbst ist das Resultat einer Vision." erspare ich mir. Nur soviel dazu: Wenn das Resultat einer Vision die Vitalität ist, womit hat er dann die Vision zustande gebracht? Etwa mit jeglichem Fehlen von Vitalität? Würde Fromm noch leben, ich würde ihn glatt besuchen und ihn bitten "Können Sie das bitte mal vormachen!"
Solche verheerend unlogischen Aussagen zeigen die wahren psychoanalytischen Qualitäten gnadenlos auf. Bitte nicht missverstehen: Ich schätze die Arbeiten Erich Fromm´s durchaus. Doch er gelangt oftmals zu Schlußfolgerungen, die jedem aufmerksamen Leser die Haare zu Berge stehen lassen.